«Mehr Nobelpreis als Oscar» ist der Sozialpreis des Landkreises, meint Landrat Dr.Max Gimple. Diesmal wurde er gleich zweimal vergeben – an Barbara Pömsl und Hans Dirmeier.
Wasserburg – Wenn beide Preisträger aus Wasserburg beziehungsweise Eiselfing kommen, dann kommt der Kreistag samt Vertretern des Landratsamtes zur Preisverleihung in den Norden des Landkreises (siehe vorherige Seite). «Zwei großartige Persönlichkeiten» seien diesmal die Preisträger, so Dr.Gimple, zwei Menschen, die als Betroffene ihre Erfahrungen und ihr Wissen an andere weitergeben. Auch deshalb gebe es die Ausnahme, dass es gleich zwei Empfänger des mit je 2000 Euro dotierten Preises gebe.
Als interessierte Mutter – Tochter Anna ist schwerbehindert – fuhr Barbara Pömsl zur Gründungsversammlung des «Silberstreifens», wollte definitiv kein Amt «und fuhr als Vorsitzende nach Hause, nach Eiselfing, zurück – obwohl sie als berufstätige dreifache Mutter auch vorher nicht däumchendrehend zuhause saß», erzählte Dr. Mani Rafii, ehemaliger kaufmännischer Chef des Behandlungszentrums Vogtareuth, der die Laudatio auf Barbara Pömsl hielt.
«Sie mag es nicht, wenn man über sie spricht, aber da muss sie jetzt durch»: Seit 1999 unterstützt Barbara Pömsl Familien, deren Kinder im BHZ behandelt werden. Sei es, dass sie die eigenen Erfahrungen weitergibt, der Verein Hilfsmittel für Patienten bezahlt, die Eltern schult, ein Pferd für die Hippotherapie anschafft oder den Eltern in Vogtareuth eine Wohnung zur Verfügung stellt. «Bei denen sich Barbara Pömsl nicht nur um die Verwaltung kümmert, sondern auch um die Einrichtung – im Möbel zusammenbauen ist sie mittlerweile eine Meisterin», so Dr.Rafii.
Das alles kostet Geld. Die ersten «Bettelbriefe» seien ignoriert worden, so Dr.Rafii, mittlerweile kommen Firmen, Vereine, Individuen auf den «Silberstreifen» zu. Selbst prominente Musiker wie «Silbermond» geben Konzerte für die «Silberstreifen»-Kinder. 120000 Euro waren es, die «Silbersteifen» im vergangenen Jahr für betroffene Familien ausgab «und das muss erstmal reinkommen», sagte Barbara Pömsl in ihren Dankesworten. Da habe es immer Unterstützung vom BHZ gegeben, von den Vorstandskollegen, auch Schirmherr Werner Schmidbauer gebe mehr als seinen Namen.
Ohne die Unterstützung ihrer drei Kinder ginge es nicht, betonte Barbara Pömsl. Und wenn die dann mal über den Zeitmangel ihrer Mutter meckerten, hole das auf den Boden zurück. Sie mache nur so viel selber, weil es so schwer sei, ihr etwas recht zu machen, gestand Barbara Pömsl. Der es die Sprache verschlug, als Dr.Rafii neben Glückwünschen zum Sozialpreis auch noch einen Spendenscheck über 5000 Euro überreichte.
Kein Geld sondern eher etwas für die wenigen Mußestunden hatte Bürgermeister Michael Kölbl neben lobenden Worten für den zweiten Preisträger, Hans Dirmeier. Bei dem gelernten Spengler und Installateur wurde 1987 Lungenfibrose, besser bekannt als «Asbest-Lunge», diagnostizierst. Er habe noch eine Lebenserwartung von wenigen Wochen, vielleicht Monaten bekam Dirmeier damals zu hören. Aus der Depression riss ihn der Satz seiner Frau: «Du kannst uns doch nicht alleine lassen». Dirmeier – der zu diesem Zeitpunkt auf den Rollstuhl angewiesen war und vor lauter Luftmangel kaum sprechen konnte – eignete sich technisches, medizinisches und juristisches Wissen an, begann noch im Krankenbett, andere Patienten, die auf eine Langzeit-Sauerstofftherapie angewiesen sind, zu schulen.
Der technisch vorgebildete Dirmeier tüftelte an den notwendigen Geräten herum, trug wesentlich dazu bei, dass das transportable Sauerstoffgerät nur noch 1,5 Kilo wiegt, nicht mehr acht Kilo, entwickelte Taschen oder Rucksäcke für diese Geräte und eine Brille, die eine bessere Verbindung vom Sauerstoffgerät zur Nase des Patienten ermöglicht. Mehrere Patente hält Dirmeier mittlerweile, wie Kölbl erzählte.
Dazu kam die Schulung von Ärzten und Pflegepersonal, die Beratung von Herstellerfirmen, Dirmeier verfasst Berichte und Teste in Fachzeitschriften, ist Referent bei Ärztetagungen, organisierte über Jahre den Patientenkongress zur Langzeit-Sauerstofftherapie, gründete eine bundesweite Selbsthilfegruppe und entwickelte die Leitlinien für Krankenkassen, Ärzte und medizinische Dienste mit. «Und das alles ehrenamtlich, im besten Falle für eine Aufwandsentschädigung», so Kölbl.
«Ich habe die Arbeit gesehen und sie getan», kommentierte das Dirmeier. «Gute Ärzte und meine tolle Familie» hätten viel beigetragen. Außerdem habe er ja nicht nur für andere gearbeitet, sondern immer auch selber davon profitiert. Kritik an denjenigen, die die Therapie aus Kostengründen nicht unterstützen, konnte und wollte sich Dirmeier nicht verkneifen. Dennoch sein Fazit 20 Jahre nach der fatalen Diagnose: «Ich lebe gerne.» syl
Wasserburger Zeitung, 21.02.2008