In Wasserburg wurde am Dienstag der Sozialpreis 2007 verliehen. Preisträger sind Barbara Pömsl aus Eiselfing und Johann Dirmeier aus Wasserburg.
Die Sozialpreisträger Johann Dirmeier (2. von links) und Barbara Pömsl, eingerahmt von Wasserburgs Bürgermeister Michael Kölbl, Landrat Max Gimple und Laudator Dr. Mani Rafii (rechts) – Foto: Pabel
Wasserburg / Region. Bei Ausbruch seiner schweren Asbestose-Erkrankung im Jahr 1987 diagnostizierten ihm die Ärzte nur noch eine Lebenserwartung von vier bis sechs Wochen. Heute ist Johann Dirmeier aus Wasserburg Ehrenvorstand der von ihm gegründeten „Deutschen Selbsthilfegruppe Sauerstoff-Langzeit-Therapie e.V.“, die mittlerweile 1800 Mitglieder zählt. Seine eigene Erkrankung konnte er zu einem gewissen Stillstand bringen. Seit über 20 Jahren engagiert er sich für die Ausbildung der Sauerstoff-Therapie und die Weiterentwicklung von technischen Hilfsmitteln. Seither sei die Lebenserwartung der Betroffenen deutlich gestiegen. „Wir wollen einfach nur leben“, sagt Johann Dirmeier.Barbara Pömsl aus Eiselfing ist Mutter der 16-jährigen schwer behinderten Tochter Anna. Als der Verein „Silberstreifen e.V.“ im Juni 1999 in Vogtareuth gegründet wurde, erklärte Pömsl ihre Bereitschaft zur Mitarbeit, zum Beispiel als Schriftführerin. „Ich fuhr mit Anna regelmäßig zum Turnen nach Vogtareuth und konnte mir eine Mithilfe gut vorstellen“, erzählt sie heute. „Doch es kam ganz anders.“ Barbara Pömsl wurde erste Vorsitzende und leitet den Verein bis heute. Der Verein unterstützt unbürokratisch Familien, deren erkrankte oder behinderte Kinder im BHZ Vogtareuth behandelt werden und lange Zeit in der Klinik verbringen müssen. Dazu gehören beispielsweise Wachkoma-Kinder („Beinahe-Ertränkungskinder“), Kinder mit Rückenmarksverletzungen, schwierigen Epilepsien oder schwer misshandelte Kinder. „Wir haben mittlerweile neun Wohnungen in Kliniknähe angemietet zur Übernachtung für Familienangehörige“, berichtet die Vorsitzende. „Eigentlich scheue ich mich vor großem Medienrummel. Ich bin einfach nur dankbar, dass ich aus meiner eigenen Betroffenheit heraus anderen helfen kann.“ Alle zwei Jahre verleiht der Landkreis Rosenheim einen Sozialpreis, der mit je 2000 Euro dotiert ist. Die letzte Preisvergabe war 2005. Im Jahr 2007 wurde eine Umfrage unter den vorschlagsberechtigten Personen und Institutionen vorgenommen. Der Kreisausschuss des Landkreises beschloss daraufhin einstimmig, den „Sozialpreis 2007“ an Barbara Pömsl und an Johann Dirmeier zu vergeben. Verbindendes Element der beiden Preisträger ist, dass sie aus einem persönlichen Schicksal heraus engagiert und ehrenamtlich für andere Menschen eintreten.In einer Feierstunde verlieh Landrat Max Gimple am Dienstag den Sozialpreis im Festsaal des Wasserburger Inn-Salzach-Klinikums an die beiden Preisträger. Musikalisch sorgte das „Trio Frangipani“ für die festliche Umrahmung.Die Laudatio für Barbara Pömsl hielt Dr. Mani Rafii, Vorsitzender des Direktoriums an den Schön-Kliniken in Hamburg und früher in Vogtareuth tätig. Zur großen Überraschung der Preisträgerin und aller Anwesenden trat er nicht nur als Festredner auf, sondern ausnahmsweise selbst als „Spendensammler“. Er überreichte Barbara Pömsl und damit dem Verein Silberstreifen eine von ihm gesammelte Spende in Höhe von 5000 Euro. Kenntnisreich stellte Rafii den Lebensweg und das „Werk“ von Barbara Pömsl vor. Vor allem aber wollte er einen „Appell“ an alle Anwesenden und sich selbst aussprechen: „Ob wir nicht auch in uns ein bisschen Barbara Pömsl finden können – um die soziale Verantwortung innerhalb der Gesellschaft noch breiter aufzustellen?“
Johann Dirmeier hatte eine Lehre als Spengler gemacht und war in einer Bauspenglerei und im Sanitär- und Heizungsbau tätig. Die letzte Zeit hatte er sich in seinem Beruf selbständig gemacht. „Damals vollzog sich im Heizungsbereich gerade die Umstellung von Koks auf Öl“, erinnert sich heute der 64-Jährige. „Dabei haben wir in großem Maß Asbestmaterial geschnitten, das häufig in Dichtungsplatten versteckt war.“ Die hohe Gesundheitsschädlichkeit kannte man damals noch nicht. Bei einer berufsbedingten Lungenfibrose rechne man heute mit einer Ausbruchszeit von 15 Jahren, ehe sich die verheerenden Folgen zeigten.
„Als meine Asbestose vor 21 Jahren ausbrach, war die Sauerstoff-Therapie noch nicht weiter ausgebildet“, berichtet Johann Dirmeier. „Die vernichtende Diagnose, mir blieben nur noch vier bis sechs Wochen, hat mich angespornt, mich damit nicht abzufinden. Ich wollte leben.“ Mit seinem ungebrochenen Lebenswillen hat der Preisträger seither unermüdlich anderen zum Leben verholfen.
Wasserburgs Bürgermeister Michael Kölbl hielt die Laudatio zur Verleihung des Sozialpreises an Johann Dirmeier. Der Preisträger bedankte sich mit den Worten: „Die Arbeit mit und infolge meiner Krankheit war mein Lebenselixier. Heute sage ich mir an jedem neuen Tag, wenn die Sonne aufgeht: Diesen Tag habe ich dem Herrgott noch abgeschwindelt.”
Wasserburger Nachrichten, Michael Pabel 21.02.2008